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Wie kann ich mich gegen eine Verwertungskündigung wehren?

Nach § 573 II Nr. 3 BGB ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung des Wohnraummietverhältnisses gegeben, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. In diesem Fall kann der Vermieter das Mietverhältnis also außerordentlich kündigen, indem er eine sogenannte Verwertungskündigung ausspricht. Gemäß § 573 II Nr. 3 BGB darf jedoch nicht gekündigt werden, um die Immobilie anschließend neu und zu einer höheren Miete zu vermieten oder um eine Wohnung in eine Eigentumswohnung umzuwandeln.

An die Wirksamkeit einer solchen Verwertungskündigung stellt der Gesetzgeber jedoch hohe Anforderungen. In jedem Einzelfall ist eine tiefgehende Interessenabwägung nötig, da nämlich regelmäßig die Grundrechte des Mieters von der Kündigung betroffen sind. Mit § 573 II Nr. 3 BGB wollte der Gesetzgeber eine Regelung schaffen, die eine gerechte Abwägung zwischen den Rechten des Mieters und den des Vermieters ermöglicht. Eine Verwertungskündigung ist daher nur wirksam, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

Der Eigentümer muss die Absicht haben, die Immobilie anders als bisher zu verwerten. Zudem muss diese „andere Verwertung“ auch angemessen sein. Eine Verwertung ist nach der Rechtsprechung angemessen, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird (BGH NJW 2011, 1135). Dies ist z.B. der Fall, wenn der Eigentümer sich oder einem Familienangehörigen neuen Wohnraum schaffen möchte oder mehrere Kleinwohnungen zu einer großen Wohnung oder die Aufteilung einer Großwohnung in mehrere Kleinwohnungen erfolgen soll. Eine „andere Verwertung“ liegt beispielsweise auch im Falle des Verkaufs des Hauses bzw. der Wohnung vor. Angemessen ist die andere Verwertung durch Verkauf beispielsweise, wenn der Verkaufserlös zur Finanzierung des Wohnhauses des Vermieters verwendet werden soll (LG Trier, Urteil vom 05.02.1991, Az. 1 S 161/90) oder der Vermieter Schulden hatte und der Verkauf der Tilgung der Schulden dienen sollte (LG Mannheim, Urteil vom 26.04.1995, Az. S 272/94).

Eine andere Verwertung liegt auch vor, wenn grundlegende Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Wenn der Eigentümer das Gebäude grundlegend umgestalten möchte, um es wirtschaftlich besser nutzen zu können, ist dies angemessen, sofern die bisherige Nutzung unrentabel ist bzw. durch die gegenwärtige Nutzung Verluste erzielt werden und durch einen Umbau diese Verluste vermieden werden können. Der reine Abriss eines Gebäudes gilt jedoch nicht als angemessene „andere Verwertung“. Eine solche liegt nur vor, wenn nach dem Abriss wieder neu gebaut werden soll. Weitere Voraussetzung ist, dass das zu kündigende Mietverhältnis den Eigentümer an der wirtschaftlichen Verwertung seiner Immobilie hindern muss; eine bloße Erschwerung der Verwertung genügt nicht. Eine solche Hinderung an der Verwertung ist z.B. gegeben, wenn ein Käufer die Immobilie nur in unvermietetem Zustand kaufen möchte.

Des Weiteren ist eine Verwertungskündigung nur wirksam, wenn dem Eigentümer bzw. dem Vermieter durch den Fortbestand des Mietverhältnisses ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil entsteht. Für die Beurteilung dieser Frage wägen die Gerichte zwischen der Rechtsposition des Vermieters und dem Besitzrecht des Mieters ab. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gewährt das Eigentum dem Vermieter keinen uneingeschränkten Anspruch auf Gewinnoptimierung oder Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil versprechen (BGH, 27.09.2017 – VIII ZR 243/16). So ist eine Kündigung rechtens, wenn die (Weiter-)Vermietung trotz Ausschöpfung möglicher Mieterhöhungen keine Rendite mehr einbringt oder Kaufinteressenten das vermietete Objekt nur erwerben wollen, wenn sie selbst einziehen können.

Zu ihrer Wirksamkeit muss die Verwertungskündigung schriftlich erfolgen sowie detailliert begründet werden. Im Falle eines geplanten Verkaufs ist in der Kündigung z.B. darzulegen, welcher Erlös mit der Wohnung in vermietetem und in unvermietetem Zustand erzielt werden kann. Der bloße Hinweis darauf, dass leerstehende Häuser und Wohnungen teurer verkauft werden können als vermietete Objekte reicht allein nicht aus. Der Vermieter hat die Gründe für die Verwertungskündigung präzise darzulegen und zu beweisen, dass die zuvor dargestellten Voraussetzungen vorliegen. Er hat also darzulegen, weshalb er beabsichtigt, die Wohnung bzw. das Haus anders als durch Vermietung zu verwerten; weshalb ihm die Verwertung durch das Mietverhältnis nicht länger möglich ist und weshalb ihm konkrete wirtschaftliche Nachteile entstehen, falls das Mietverhältnis fortgeführt wird.

Häufig ist eine Verwertungskündigung nicht hinreichend begründet und genügt nicht den soeben dargestellten Anforderungen. In diesem Fall kann die Kündigung abgewehrt oder gegebenenfalls eine hohe Abfindung ausgehandelt werden. Im Falle des Auszugs aufgrund rechtswidriger Kündigung können dem Mieter Ausgleichsansprüche zustehen, da der Vermieter im Falle des Ausspruchs einer rechtswidrigen Kündigung grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet ist. Wichtig ist insbesondere, gegen die Verwertungskündigung rechtzeitig begründeten Widerspruch einzulegen. Als von einer Verwertungskündigung betroffener Mieter sollten Sie sich daher in jedem Fall rechtlich beraten lassen. Gerne überprüft Rechtsanwalt Klaus-Rüdiger Becker als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Partner in der Kanzlei Berger & Becker Ihren Fall und hilft Ihnen dabei, Ihr gutes Recht als Mieter wahrzunehmen.

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