logo

Was ist und wie funktioniert ein Verbraucherinsolvenzverfahren?

Was ist und wie funktioniert ein Verbraucherinsolvenzverfahren ?

Das Verbraucherinsolvenzverfahren, welches im Volksmund häufig auch als „Privatinsolvenzverfahren“ bezeichnet wird, ist in den §§ 304 ff. der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Es handelt sich um ein speziell auf „Verbraucher“ zugeschnittenes Insolvenzverfahren, für das einige verfahrensrechtliche Vereinfachungen sowie Abwandlungen gelten. Gemäß § 304 I 1 InsO ist Voraussetzung für die Durchführung des Verfahrens, dass es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, die keine selbstständige Tätigkeit ausführt oder ausgeführt hat (eben um einen sog. „Verbraucher“), handelt. Ziel der Verbraucherinsolvenz ist die Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO; die Befreiung von allen Schulden am Ende des Verfahrens. Die Restschuldbefreiung kann entweder durch Abschluss eines Vergleichs mit den Gläubigern oder durch die Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht erreicht werden. Für Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (Freiberufler, Gewerbetreibende, Unternehmer) gilt das Regelinsolvenzverfahren. Gemäß § 304 I 2 InsO kommt das Verbraucherinsolvenzverfahren aber auch bei ehemals Selbstständigen in Betracht, wenn deren Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Ersteres ist insbesondere der Fall, wenn der Schuldner nicht mehr als 19 Gläubiger hat.

Voraussetzung für die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist das Vorliegen eines Insolvenzgrundes, also das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit oder einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Das Insolvenzverfahren wird auf Antrag des Schuldners durch das Amtsgericht als Insolvenzgericht eingeleitet, welcher mit dem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung verbunden wird. Zuvor muss der Schuldner jedoch mittels einer geeignete Stelle/Person erfolglos einen außergerichtlichen Einigungsversuch mit den Gläubigern unternommen haben (siehe dazu unter „Was ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch und wie funktioniert er?“).

Nach Eingang des Antrags entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen darüber, ob es zunächst ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchführt oder direkt das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Gegensatz zum zuvor gescheiterten außergerichtlichen Einigungsversuch bei dem alle Gläubiger zustimmen müssen, reicht es bei der Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens hingegen aus, wenn die Mehrheit der Gläubiger nach Anzahl und Summen zustimmt, wobei Schweigen als Zustimmung gilt. Die Zustimmung der ablehnenden Gläubiger kann dann im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren auf Antrag durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts ersetzt werden. Wenn auch das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren wegen der Ablehnung der Gläubiger scheitert oder das Gericht die Durchführung eines Bereinigungsverfahrens wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit ablehnt, entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Zunächst ergeht ein Eröffnungsbeschluss seitens des Gerichtes, welcher öffentlich bekannt gemacht und dem Schuldner sowie dessen Gläubigern zugestellt wird. In dem Eröffnungsbeschluss wird von dem Gericht auch der zuständige Insolvenzverwalter festgelegt. Sodann werden die Gläubiger zur Forderungsanmeldung aufgefordert. Die angemeldeten Forderungen werden in einem Prüftermin überprüft. Wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind bzw. der Schuldner nicht viele Gläubiger hat, kann das Verfahren auch ganz oder teilweise schriftlich durchgeführt werden.

Im Insolvenzverfahren werden gegebenenfalls noch vorhandene pfändbare Vermögenswerte des Schuldners verwertet und der Erlös sodann an die Gläubiger verteilt und zur Deckung der Verfahrenskosten genutzt. Danach schließt sich die sogenannte “Wohlverhaltensphase” an, die zusammen mit dem Insolvenzverfahren bis zu sechs Jahre dauert. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens hat der Schuldner absoluten Vollstreckungsschutz; d.h. keiner der Gläubiger darf einen Gerichtsvollzieher beauftragen, eine Kontopfändung beantragen oder die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung von dem Schuldner verlangen. Ferner erhält der Schuldner auch keine Mahnschreiben mehr. Alle Gläubiger müssen sich an den vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalter wenden.

Auch wenn die durch die Verwertung erzielten Beträge nicht ausreichen, um die gesamten Schulden zu tilgen, werden dem Schuldner nach Ablauf des Verfahrens die restlichen Schulden erlassen. Dies gilt auch, wenn der Schuldner so mittellos ist, dass trotz seiner Bemühungen während der Laufzeit des Verfahrens keine Vermögenswerte oder pfändbare Einkünfte an die Gläubiger verteilt werden. Die Restschuldbefreiung wird automatisch erteilt, wenn keiner der in § 290 InsO aufgeführten Versagungsgründe vorliegt und kein entsprechender Versagungsantrag durch einen Gläubiger gestellt wird. Ein Versagungsgrund im Sinne des § 290 InsO liegt unter anderem vor, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet hat oder sein Vermögen verschwendet hat oder wenn der Schuldner sich im Falle eines Jobverlustes, nicht um eine neue Stelle bemüht und es unterlässt, eine ihm zumutbare Stelle anzunehmen. Der Insolvenzschuldner hat sich insofern also an gewisse „Spielregeln“ zu halten, deren Nichtbefolgung die Versagung der Restschuldbefreiung zur Folge haben kann.

Durch den Ausspruch der Restschuldbefreiung durch das Gericht werden alle Schulden, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden haben, erlassen. Kein Gläubiger kann dann seine Forderung noch weiter gegen den Schuldner verfolgen. Neue Schulden bzw. Schulden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, sind hiervon jedoch nicht umfasst.

Open chat
Guten Tag, wie können wir Ihnen helfen? Möchten Sie uns sprechen?