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Was ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch und wie funktioniert er?

Was ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch und wie funktioniert er ?

Wenn man sich als Privatperson bzw. Verbraucher einem Schuldenberg gegenübersieht, den man alleine nicht mehr bewältigen und abzahlen kann, dann ist für viele die Privat- bzw. Verbraucherinsolvenz ein Ausweg aus der Verschuldung und zugleich ein finanzieller Neuanfang.

Bevor jedoch ein Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden kann, ist gemäß § 305 I Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) zwingend ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den vorhandenen Gläubigern durchzuführen.

Der Schuldner hat vor der Antragsstellung durch eine Bescheinigung einer „geeigneten Person oder Stelle“ zu belegen, dass ein solcher Versuch erfolglos war. Der Einigungsversuch muss ernsthaft unternommen und umfassend dokumentiert werden. Geeignete Personen bzw. Stellen im Sinne des § 305 I Nr. 1 InsO sind Anwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie ggf. Schuldnerberatungsstellen. Im Rahmen dieses außergerichtlichen Einigungsversuches soll zunächst versucht werden, einen Erlass oder Teilerlass der Schulden bei den Gläubigern durch das Aushandeln eines sogenannten Gläubigervergleichs zu erreichen.

Mit der Unterstützung einer „geeigneten Person“, wie z.B. eines Rechtsanwalts, wird auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ein schriftlicher Schuldenbereinigungsplan ausgearbeitet.

In dem Schuldenbereinigungsplan sind die Gläubiger sowie deren genaue Forderungen mitsamt dem Forderungsgrund aufzulisten. Bezüglich eines jedes Gläubigers ist darzulegen, ob und in welcher Höhe sich der Schuldner für die Dauer eines bestimmten Zeitraums zu bestimmten Zahlungen verpflichtet. Des Weiteren ist darzulegen, welche sonstigen Pflichten seitens des Schuldners zu erfüllen sind, um die Gläubiger zu befriedigen. So kann der Schuldenbereinigungsplan z.B. die Pflicht vorsehen, sich bei Arbeitslosigkeit um eine neue Stelle zu bemühen oder den Gläubigern einen Orts – oder Arbeitswechsel unverzüglich mitzuteilen. Er kann jedoch grundsätzlich mit den Gläubigern frei verhandelt werden und daher alle denkbaren Regelungen enthalten, welche unter Berücksichtigung der Interessen der Gläubiger sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen. Er kann vorsehen, dass mit den Gläubigern Stundungen, Ratenzahlungen, Schuldenerlasse oder sonstige Vereinbarungen getroffen werden; beispielsweise, dass der Schuldner das für die Berufsausübung benötigte Kfz behält. In der Regel enthält ein solcher Schuldenbereinigungsplan das Angebot, Ratenzahlungen zu gewähren und dem Schuldner dann nach Ablauf einer gewissen Zeit die Restschuld zu erlassen.

Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch ist eine gute Möglichkeit, mit allen Gläubigern einen Vergleich zu erzielen und ein Insolvenzverfahren zu vermeiden und stellt eine effektive Möglichkeit zur Entschuldung dar, wenn noch ein gewisses Vermögen oder Einkünfte vorhanden sind oder dem Schuldner aus dem familiären Umfeld noch gewisse Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Ein langwieriges Insolvenzverfahren kann (und soll im Idealfall) durch den zwingend durchzuführenden außergerichtlichen Einigungsversuch umgangen werden. Die außergerichtliche Einigung ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn alle Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan ausdrücklich zustimmen (das Schweigen eines Gläubigers ist als Ablehnung zu werten). Der angenommene Plan entfaltet dann die Wirkung eines außergerichtlichen Vergleichs, an den sowohl der Schuldner wie auch dessen Gläubiger gebunden sind. Sobald die in dem Schuldenbereinigungsplan getroffenen Abreden vollständig durch den Schuldner erfüllt sind, tritt die Rechtsfolge der Restschuldbefreiung ein.

Wenn der außergerichtliche Einigungsversuch jedoch mangels ausdrücklicher Zustimmung aller Gläubiger scheitert, erweist sich der gescheiterte Einigungsversuch nicht als unnütz, sondern – wie eingangs erläutert – als notwendige Voraussetzung für den Privatinsolvenzantrag. Als gescheitert gilt der Versuch ebenfalls, wenn einer der Gläubiger während des außergerichtlichen Einigungsversuchs die Zwangsvollstreckung betreibt. Im Falle des Scheiterns des Einigungsversuchs, kann der Schuldner einen Insolvenzantrag bei Gericht stellen. Der Antrag ist von dem Schuldner innerhalb von einem Zeitraum von sechs Monaten ab dem Scheitern des Schuldenbereinigungsversuches bei Gericht einzureichen. Nach Eingang des Insolvenzantrags entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen, ob es zunächst ein Schuldenbereinigungsverfahren durchführt oder direkt das Insolvenzverfahren eröffnet.

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